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Kapverden

Wandern und Bergsteigen auf den Inseln Santiago und Fogo
Februar/März 2014

Fotos können durch Mausklick vergrößert werden

Inhalt:
Einleitung
Santiago
Fogo

Einleitung

 



Meine Frau und ich haben auf den Kapverden einen kombinierten Bade- und Wanderurlaub verbracht. Entsprechend dem Namen meiner Website werde ich nur über unsere Wanderaktivitäten auf den Inseln Santiago und Fogo berichten. Auf folgendes möchte ich vorweg hinweisen:

Gebucht habe ich bei Reiseträume Schellmann, einem Ehepaar, das auf Santiago lebt, aber auch ein Büro in Deutschland hat. Ich dachte mir, ein Reiseveranstalter vor Ort ist näher dran als ein weit entfernter in Europa. Das hat sich positiv ausgewirkt. Schellmann hat unsere individuellen Wünsche zu einem Paket geschnürt. Und es war perfekt organisiert, jede Unterkunft, jeder Transfer, jeder Inlandflug, alles hat geklappt. Jeder Wanderführer war pünktlich zur Stelle. Wir haben erlebt, wie zwei Schweizerinnen, die bei einem Veranstalter in Europa gebucht hatten, vergeblich auf ihren Wanderführer warteten. Erst nach einem Rückruf und drei Stunden Verspätung kam er an. Wir hatten für unser Handy eine kapverdianische Prepaid-Karte von CV Móvel gekauft, womit wir einen besonderen Service von Schellmann genossen. Wir brauchten uns um Flugzeiten-Änderungen überhaupt nicht zu kümmern. Wir wurden informiert. Außerdem konnten wir uns jederzeit mit Fragen und Wünschen an Schellmann wenden.

Als Wanderer steuert man sicherlich mehr als nur eine Insel an. Das klappt in der Regel ganz gut mittels Inlandflügen. Aber Vorsicht beim Rückflug in die Heimat. Das Problem ist der manchmal auftretende sog. Trockennebel, der dadurch entsteht, dass Passatwinde Sahara-Sand mit sich führen und damit die Sicht derart behindern können, dass der Inlandflugverkehr lahmgelegt wird, weil auf Sicht geflogen wird. Daher sollte man unbedingt mindestens ein zwei Tage vor dem Rückflug auf der Insel sein, von welcher aus man die Heimreise antritt. Wir sind von Sal aus geflogen (Zwischenstation Gran Canaria) und haben noch vorher drei Tage mit Badeurlaub in Santa Maria verbracht.

Ein leidiges Problem ist die am 1. Mai 2013 eingeführte Touristensteuer. 220 Escudos bzw. 2 € pro Person pro Nacht. Aber nur für die ersten zehn Tage. Jedoch haben das nicht alle Unterkünfte anerkannt. Nein, zehn Tage pro Hotel, hieß es manchmal. Das macht doch keinen Sinn. Wenn man also, um Land und Leute kennenzulernen, jeweils vor Ablauf von 10 Tagen das Hotel wechselt, muss man die Steuer für die ganze Zeit begleichen. Das wollte ich genau wissen. Ich konnte in Santa Maria (Insel Sal) den sog. Regionaldirektor des Tourismusministeriums sprechen, der diese Regelung tatsächlich bestätigte. Ich hielt ihm vor, dass hiervon bei der Einführung der Steuer keine Rede war. Das sei erst später eingeführt worden, erwiderte er, was allerdings offenbar nicht allen Hoteliers bekannt war. Ich bat ihn, sich dafür einzusetzen, dass diese unsinnige, Verwirrung stiftende Regelung geändert wird.

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Santiago

Auf Santiago hatten wir eine Wanderwoche gebucht. Leider landeten wir erst spät abends in Praia, sodass nur noch der Transfer zu unserem ersten Übernachtungsort Cidade Velha (seit 2009 Weltkulturerbe) möglich war.

Am nächsten Morgen brachte uns ein Taxi nach Santana, wo unser Führer bereits auf uns wartete. Ein liebenswerter junger Farbiger, der zwar kaum englisch spricht, aber die Verständigung dennoch klappte. Übrigens sind die Einheimischen (fast) alle Farbige, Mischlinge zwischen Weißen (hauptsächlich Portugiesen) und Schwarzen. Ein freundlicher und hilfsbereiter Menschenschlag. Die Wanderführer sind sehr aufmerksam und hilfsbereit. Gehtempo und Pausen bestimmen die Teilnehmer.

Der erste Tag mit nur etwa drei Stunden Gehzeit bis Rui Vaz war genau das Richtige zum Eingewöhnen. Außerdem war es auch nicht zu heiß, sodass wir unsere Wasservorräte bei weitem nicht aufbrauchten. Mit den Einheimischen kommt man dank des Führers leicht in Kontakt, was bei einem Urlaub, bei dem man Land und Leute kennen lernen will, einfach dazu gehört. Die Leute haben einen stolzen, aufrechten Gang, was vielleicht damit zusammenhängt, dass die Frauen alles auf dem Kopf transportieren, was außer Balancierfähigkeit auch einen geraden Gang voraussetzt.

Die Vulkaninsel der Kapverden ist natürlich Fogo. Aber auch auf Santiago haben wir gleich am ersten Tag, wie das unten stehende Foto verrät, den Vulkanismus zu sehen bekommen.

Der Kingfisher ist ein Eisvogel, der sich eigentlich von Fischen ernährt. Auf Santiago trifft man den Vogel häufig an, aber auch dort wo es gar kein Wasser gibt. Im Internet habe ich den Graukopfliest (Grey Headed Kingfisher) ausfindig gemacht, der sich auch von Heuschrecken, kleineren Reptilien etc. ernährt. Aber auf meinem Foto (unten) ist der Kopf weiß und nicht grau. Nach langem Suchen habe ich auf dieser Seite herausgefunden, dass der Kopf weiß bis hellgrau ist.


Frauen tragen die Bohnen-und Erbsenernte
kilometerweit in den nächsten Ort


Kingfisher

Unsere Unterkundt in Rui Vaz, das Hotel Quinta da Montanha, überraschte uns positiv. Im angeschlossenen Restaurant aßen wir gut zu Abend. Am nächsten Tag stand die Besteigung des Pico da Antònia auf dem Programm. Voraussetzungen: Kondition, absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Das war nichts für meine Frau. Also hatte ich den Führer für mich alleine. Um eine Stunde Zeit zu sparen, ließen wir uns per Taxi zum Monte Txota chauffieren. Zunächst stiegen wir sodann hinunter ins Tal, um in einem großen Linksbogen (s. Foto unten links) zum eigentlichen Aufstieg zu gelangen. Auf relativ einfachem Weg erreichten wir den Vorgipfel (auf dem Foto links vom Hauptgipfel). Bereits von hier genießt man eine phantastische Aussicht.


Pico da Antònia


Idylle


Farbenfrohe Felslandschaft


Vulkanbrocken

Nun begann der schwierige Aufstieg zum Hauptgipfel. Manche begnügen sich daher schon mit dem Vorgipfel. Wie auf dem linken unteren Foto zu sehen ist, geht es steil und teils sehr nahe am Abgrund hinauf. Das gefährlichste ist nicht die Tatsache, dass man Kletterstellen zu überwinden hat, sondern der oft rutschige Untergrund, schön zu sehen links von der Felsnadel. Nach etwa 3 Stunden ab Monte Txota erreichten wir den Gipfel. Mit 1.394 m ist der Berg gar nicht hoch, auch die ca. 600 m Höhendifferenz sind nicht viel. Dennoch ist die Tour ein alpines Erlebnis.


Der Gipfel ist ganz nah


Das obligatorische Gipfelfoto

Ich genoss ausgedehnt das Rundum-Panorama auf die herrliche Landschaft. Der 2.829 m hohe Pico de Fogo auf der Nachbarinsel Fogo schaute verschwommen aus den Wolken heraus. Nach einem Picknick machten wir uns an den Abstieg. Ich hatte schon ein bisschen Bammel davor, weil rutschige Stellen bergab noch gefährlicher sind. Aber es ging erstaunlicherweise recht gut. Doch dann passierte es. Bei einem hohen Tritt überdehnte ich offenbar mein bereits arthrosegeschädigtes linkes Knie, sodass es im Laufe des Tages stark anschwoll, und ich ab dem nächsten Tag nur noch bedingt mit einer Bandage weiterwandern konnte.


Nah am Abgrund


Blick auf den Fogo auf der Nachbarinsel Fogo

Am nächsten Tag begleitete uns ein anderer ebenfalls liebenswerter und hilfsbereiter Wanderführer. Zunächst mussten wir auf unserem Weg nach Assomada einen steilen Abstieg mit vielen hohen Tritten unter die Füße nehmen. Wir genossen die herrliche Landschaft mit urwaldähnlicher Vegetation. Besonders imponierten uns die riesigen Agaven.


Riesige Agaven am Weg


Bizarre Felslandschaft

Wir begegneten vielen Menschen in den Dörfern und auf dem Land. Neben Kaffeesträuchern, Bananenstauden, Palmen, Mandioka und Papaya machten wir vor allem Bekanntschaft mit Zuckerrohr und seiner Verarbeitung. Als wir auf diese Siedlung auf dem Foto unten links von weit oben herunterschauten, dachten wir zunächst, es handle sich um ein Dorf, in dem die Menschen in einfachen Holzhütten leben. Aber mitnichten. Es sind Destillerien mit Lagerschuppen. Vielerorts wird auf primitive Art Rum produziert, der auf den Kapverden Grog (Grogue) genannt wird. Das ist erlaubt; es handelt sich also nicht um Schwarzbrennen. Der Rum wird übrigens pur getrunken und schmeckt je nach Qualität recht gut. Wir haben ihn öfters nach einer reichhaltigen Mahlzeit genossen. Aber natürlich nicht den, der so primitiv erzeugt wurde. Wer weiß, was da an Vorlauf dabei ist. Schnaps wird übrigens aguardente, Zahnwasser, genannt. Vielleicht sollen die Zähne nach dem Putzen mit Hochprozentigem gespült werden.


Destillerie mit Lagerschuppen


Rast an einem exotischen Baum

Leider liegt in den Dörfern oft viel Müll herum. Aber es gibt auch schön anzuschauende Szenerien. Eine Augenweide ist auf dem Foto unten links das von Papayas umgebene Haus, und rot leuchtet der riesige Weihnachtsstern heraus. Ein kleines Paradies.

Heiß war es an diesem Tag mit etwa 5-stündiger reiner Gehzeit. Wir brauchten jedoch länger. Meine Frau war von der Hitze, dem anfänglichen steilen Abstieg und vor allem von den rutschigen Anstiegen in praller Sonne ziemlich erschöpft, obwohl sie der Führer des öfteren an der Hand genommen und hochgezogen hat. Auf dem Foto unten rechts hat sie sich ausgepowert hingesetzt. Es dauerte nicht lange, bis sie Gesellschaft bekam. Jemand brachte ihr sogar einen Stuhl. Die Nähe zu den Einheimischen war eine schöne Sache.


Detail eines Dorfes


Rast in einem Dorf

Zuckerrohr spielt auf den Kapverden eine bedeutende Rolle – nicht nur zum Schnapsbrennen. Doch darüber später. Der nach dem Auspressen verbleibende Trester wird keineswegs entsorgt. Er dient noch als Tierfutter.


Zuckerrohr


Trester des Zuckerrohrs

Irgendwie schaffte es Ursel dann doch noch zu unserem Etappenziel. Das letzte Stück nach Assomada hinein war sowieso per Fahrzeug geplant. Das Hotel Residencial Cosmos machte keinen guten Eindruck. Deshalb suchten wir zum Abendessen eine andere Lokalität. Es erwies sich jedoch als schwierig. So nahmen wir mit einer einfachen Churrascaria (Grillrestaurant) vorlieb. Sie ist nicht zu vergleichen mit denen aus Brasilien, aber das gegrillte halbe Hähnchen hat prima geschmeckt. Am Nachbartisch wurden Bohnen ausgepult, und mittels (magerer) Französichkenntnisse kam sogar ein Gespräch zustande. Unser Wanderleiter und Dolmetscher war ja nach Hause gefahren.


Schild am Eingang des Naturparks Serra Malagueta


Endemischer Strauch

Ursel brauchte einen Ruhetag. Sie wurde per Sammeltaxi nach Calheta befördert, wo wir zweimal übernachteten. Schade, denn die Wanderung durch den Nationalpark mit vielen endemischen Pflanzen war sehr schön. Wolken verweigerten uns jedoch die Weitsicht.


Tiefblick


Fast zugewachsener Pfad

Ein kurzes Stück befanden wir uns auf dem Gongon-Trail, um dann über teils verschlungene Höhenwege mit normalerweise phantastischen Tiefblicken weiterzuwandern und schließlich zu einem Dorf der Rabelados abzusteigen. Diese ehemaligen Rebellen gegen die Liturgiereform der katholischen Kirche wohnen noch heute sehr sehr einfach in Strohütten, leben aber mittlerweile nicht mehr so abgeschottet. Nur deshalb ist ein Besuch überhaupt möglich. Von den portugiesischen Kolonialherren wurden sie verfolgt. Heute genießen sie Privilegien, wie z.B. Steuerfreiheit.


Wolkenverhangene Landschaft


Szene im Dorf der Rabelados

Noch ein Stück des Fußweges, dann brachte uns ein Sammeltaxi nach Calheta, wo Ursel uns schon erwartete.


Uralter riesiger Kapokbaum


Guter Größenvergleich

Ursel hatte sich gut erholt, sodass wir am heutigen sehr interessanten Tag wieder komplett waren. Zunächst wurden wir ein Stück chauffiert, um dann nach Assomada hinaufzuwandern. Durch ein fruchtbares Tal entlang einer alten Wasserrinne gelangten wir zu einem Highlight, einem riesigen uralten Kapokbaum. Am beeindruckendsten ist nicht seine Höhe, sondern der mächtige Stamm mit seinem enormen Umfang und seinen oberirdischen Wurzeln, die wie Vorhänge aussehen.


Wurzeln wie Vorhänge


Zuckerrohr wird gestampft

Und wieder begegneten wir den Menschen, dieses Mal Arbeitern, die mit primitivsten Mitteln nicht nur Rum herstellten, sondern auch Honig aus Zuckerrohr.


Zubereitung von Zuckerrohr-Honig


Zuckerrohrpresse


Einheizen für die Destillation


Waschplatz = Badeplatz

Durch ein trockenes Flussbett gelangten wir bald darauf zu einem Waschplatz, den Kinder zu einem Badeplatz, zumindest vorübergehend, umfunktioniert hatten.

Nun begann der schweißtreibende Aufstieg auf das Hochplateau von Assomada. Immer wieder begegneten wir Menschen, so auch der Frau auf dem Foto oben links, die Kürbisse nach Hause trug. Unser Wanderführer nahm ihr den auf dem Kopf ab und trug ihn bis zu ihrem Haus im nächsten Dorf.


Kürbistransport


Markt in Assomada

Der Markt in Assomada ist wirklich sehenswert. Auf engstem Raum wird hier alles verkauft, was das Land hergibt.

 

 

Markt in Assomada

Aluguer, das Sammeltaxi

Mit einem Sammeltaxi, das auf den Kapverden Aluguer genannt wird, fuhren wir nach Calheta, unserer letzten Station vor unserer Verlängerungswoche in Tarrafal. Eigentlich war am nächsten Tag ein Abstieg in die Ribeira Principal geplant, aber die lange Wanderung mit vielen Höhenmetern Abstieg wäre für Ursel sicherlich zuviel gewesen. Daher machten wir eine weniger anstrengende Rundwanderung, bei der wir wieder einigen Einheimischen begegneten.

 

 

Etwas modernere Zuckerrohrpresse

Ziegenherde

Wir wanderten zunächst durch ein fruchtbares Tal in einem ausgetrockneten Bachbett mit einer alten Wasserrinne, die nicht mehr betrieben wird. Die Moderne hat Einzug gehalten. Elektropumpen pressen das Wasser durch dicke schwarze Schläuche. Aber das kostet Strom, der immer teurer wird. Das alte Windrad (Foto unten) zu reparieren, kommt wohl keinem in den Sinn.

Die Presse, die wir hier zu sehen bekamen (Foto oben), bedeutet ein enormer Fortschritt gegenüber denen, die noch mit Ochsenkraft betrieben werden. Viel Staub wirbelte die an uns vorbeiziehende Ziegenherde auf. Auf dem Foto unten links sieht man deutlich, dass die Erde fruchtbar ist. Aber alles muss in Handarbeit geschaffen werden. Traktoren oder Maschinen konnten wir keine entdecken. Auch sieht man auf diesem Foto in der rechten unteren Ecke ein kleines Stück der Gabionen, die hier zur Uferbefestigung errichtet wurden. Viele Kilometer solcher Gabionen, die hauptsächlich die Erosion verhindern sollen, wurden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert.


Handarbeit - Maschinen: Fehlanzeige

Altes defektes
Windrad



Am nächsten Tag fuhren wir mit einem Aluguer nach Tarrafal, wo wir einige Bade- und Faulenzertage dranhängten. Meist handelt es sich bei den Fahrzeugen um Kleinbusse oder Pritschenwagen mit zwei Sitzbänken. Auch Pkws und Jeeps finden Verwendung. Eine Fahrt mit einem solchen Sammeltaxi muss man erlebt haben. Bequem ist es nicht, aber aufregend und interessant. Man muss viel Zeit mitbringen, denn in den Ortschaften werden oft ein paar Runden gedreht, um Gäste aufzunehmen, wenn im Fahrzeug noch Platz ist. Außerdem wird unterwegs ständig zum Aus- und Einsteigen angehalten. Wir hatten bei dieser Fahrt einen Kleinbus erwischt, der meist voll besetzt war. Einmal hielt er an, und ich dachte, da steigt jemand aus, denn im Bus war kein Platz mehr frei. Aber mitnichten. Es stieg noch jemand zu und quetschte sich in eine Minilücke, die durch nicht mehr zu überbietendes Zusammenrücken entstand. Oft werden Waren in großen Säcken oder Taschen mitgeführt. Diese muss der Fahrgast auf den Schoß nehmen, oder sie werden, wenn nötig, mit Stricken auf dem Dach befestigt. Zeit ist Geld; deshalb rasen die Fahrer wie die Verrückten und liefern sich oftmals noch Überholmanöver mit anderen Aluguers. Schließlich will man ja die Nase vorn haben, wenn am Wegesrand jemand mitgenommen werden will.

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Fogo

Wie ich erst heute, den 09.02.2015, per Zufall im Internet erfuhr, wurden die Dörfer in der Cha das Caldeiras durch einen Vulkanausbruch im November/Dezember 2014 fast völlig zerstört. Einen Wiederaufbau kann man sich nicht vorstellen. Diese Seite gibt Auskunft über das Schreckensszenario. Ich bin völlig schockiert. 1.000 Menschen sind obdachlos. Und wenn ich bedenke, dass meine Frau und ich erst vor knapp einem Jahr 10 Tage lang dort gewohnt haben. Natürlich habe ich noch alle Bilder und Eindrücke vor Augen. Nichts ist mehr wie es war. 

Nun zu meinem Bericht:

Auf die Vulkaninsel Fogo war ich sehr gespannt. Wir wohnten zehn Tage knapp 1.800 m hoch mitten in der Caldera in einem der beiden nebeneinander liegenden Dörfer, die zu dem Ort namens Cha das Caldeiras vereint wurden.

Schon die Fahrt war ein Erlebnis. Alles übertroffen wurde jedoch beim Eintauchen in die Caldera. Eine unwirkliche, unglaublich bizarre Landschaft emping uns. Vor uns, Richtung Norden, die riesige Caldera mit dem Hauptgipfel Fogo (2.829 m) zur Rechten und die nackte lange, hohe fast senkrechte Caldera-Wand mit bis zu fast 2.700 m Höhe zur Linken und dazwischen eine Vielzahl von Kratern mit erstarrten Lavaströmen und riesige Schlackefelder mit teils haushohen Brocken. 10 Tage hatten wir hier im Casa Marisa gebucht, um genügend Ausflüge unternehmen zu können. Mich faszinieren Vulkane, und dementsprechend groß war die Vorfreude.

Schild an der nunmehr zerstörten Pension Casa Marisa
                    
                             No Stress - das Motto auf Fogo


Noch am selben Tag spazierten wir im Dorf herum und besichtigten einen Weinkeller, der mit italienischer Hilfe entstanden war. Auch er fiel dem Vulkanausbruch zum Opfer. Im Keller lagerten Holzfässer, aber auch Stahltanks, die von einem modernen Betrieb zeugten. Den Weißwein Cha, der hier erzeugt und abgefüllt wurde, kannten und genossen wir schon seit unserem Aufenthalt in Capo Verde.


So präsentierte sich uns der Fogo bei der Ankunft
               
In der Gegenrichtung ist hier ein Abschnitt der Caldera-Wand zu sehen

Die Besteigung des Pequeno Fogo

Gleich am nächsten Tag unternahmen wir eine Wanderung zum am westlichen Hang des Fogo gelegenen Pequeno (kleinen) Fogo, der 1995 ausbrach. Es handelte sich hierbei um einen sogenannten Flankenausbruch, denn der Hauptkrater blieb ruhig. Wir wanderten die Straße, auf der wir gestern ankamen, zurück, am kleinen Fogo vorbei und dann links auf festem Vulkangrus empor. Eine farbenprächtige Mondlandschaft lag vor uns. Nach ausgiebigen Betrachtungen stiegen wir auf der anderen Seite in zentimetertiefer Asche wieder ab. 

Die folgende Galerie zeigt Fotos von unserer Besteigung des Pequeno Fogo:
(Achtung! Wenn man zur Website zurück will, muss man erst "zurück zum Album" anklicken. Der Button "Diashow vorführen" ist inaktiv):

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Wanderung im Nebelwald

Am nächsten Tag führte unsere Wanderung in den Nebelwald. Wir gingen in die entgegengesetzte Richtung und erreichten bald die Baumreihe auf beiden Seiten der Straße. Rechterhand bot sich der Blick auf den Fogo über ein riesiges Schlackenfeld hinweg. Dann tauchten wir in den Wald ein. Kaum zu glauben, dass es in dieser öden Caldera einen Wald gibt. Aber durch die fast ständig präsenten Wolken direkt über der Erde gibt es offenbar genug Feuchtigkeit für dieses Grün. Auch der Gipfel des Fogo ist meist in Wolken gehüllt.


 

Blick von unserem Weg über ein riesiges Schlackenfeld auf den Fogo

 

Wie fast täglich ziehen Wolken herauf

Wir bogen links ab und wanderten auf einem Fahrweg aufwärts durch dichten Wald Richtung Piorno. Über der Baumgrenze bot sich eine einsame weite Landschaft. Auf demselben Weg kehrten wir wieder zurück.

 

Hirte mit einem süßen Lämmchen

 

Oberhalb der Baumgrenze

Die Besteigung des Fogos

Bis zum Gipfel des Fogos sind rund 1.000 Hm zu bewältigen. Dies traute sich Ursel nicht zu. Also unternahm ich die Tour mit einem Führer alleine, in der Hoffnung, dass mein lädiertes linkes Knie durchhält. Bis zum Einstieg zum Gipfelweg wanderten wir etwa eine halbe Stunde in leicht ansteigendem Gelände. Dann ging's natürlich steil hoch. Nicht über ein Aschefeld, denn das wäre nicht zu bewältigen gewesen. Der Weg führte über Steine, Geröll und Fels empor. Eine wirklich ausgesetzte Stelle, wie zu hören war, gab es nicht. Die Route ist technisch einfach. In zweieinhalb Stunden hatten wir die fast 1.000 Hm geschafft. Wir waren nicht ganz auf dem Gipfel. Der befindet sich ein kleines Stück weiter rechts. Man erreicht ihn über eine Via Ferrata. Das wollte ich meinem Knie jedoch nicht zumuten. 

Ein phantastischer Blick in den Kraterschlund bot sich uns. Was hatte ich wieder ein Wetterglück. Kein Wölkchen verdeckte die Sicht, obwohl der Gipfel meist in Wolken gehüllt ist. Nach einer Schau-, Vesper- und Ruhepause ging's zum Abstieg. Ein kurzes Stück stiegen wir auf demselben Weg ab, dann bogen wir nach links, um über das Asche- und Grußfeld abzufahren. Den Begriff "abfahren" benutzen Bergsteiger, wenn sie über ein Geröllfeld mit kleinen Steinen hinunterrutschen, natürlich nicht auf dem Hosenboden, sondern auf den Füßen stehend. Man rutscht nach jedem Schritt ein Stück ab und kommt dadurch mit dem Fuß relativ weich auf. Man kann daher sogar richtig Tempo machen. Mehr oder weniger gleitet man also hinunter.

Diese Abfahrt war die längste meines Lebens, etwa 700 Hm. Auch ich hatte Tempo gemacht. Es macht unglaublichen Spaß. Aber es ist sehr anstrengend. Ich musste mehrere Pausen einlegen. Unten angekommen waren die Schuhe natürlich voller Asche und Gruß. Das erforderte eine größere Reinigungsaktion. Die Strümpfe einigermaßen sauber zu bekommen, war nicht einfach. 

Wanderung mit Abstieg in eine Lavahöhle

Diese Lavahöhle existiert nicht mehr.

An diesem Tag wollten wir die Lavahöhle am Fuße des Pequeno Fogo erkunden. Den Eingang hatten wir am ersten Wandertag vergeblich gesucht, sodass wir nun mit einem Führer gingen. Wir wanderten nicht auf der Straße, sondern links oberhalb durch die interessante Lavalandschaft. Dann stiegen wir noch einige Hm auf, als ob wir den Pequeno Fogo besteigen wollten. Laut Karte liegt doch die Höhle weiter unten. Warum steigen wir hier auf, fragte ich mich. Doch dann offenbarte sich zu unseren Füßen eine traumhafte Lavalandschaft. Unglaubliche Gebilde aus Strick- und Fladenlava. Das war also der Grund für den Umweg. 

In die Höhle ging's senkrecht hinunter, jedoch nur wenige Meter. Aber ohne Mustafas Leiter unmöglich. Die Höhle selbst war unscheinbar, ein nur wenige Meter langer Lavatunnel. Es gibt Lavatunnel, z.B. auf La Réunion, durch die man kilometerlang wandern kann. Das geht nur mit Führer und ist sehr teuer. Aber ich möchte es gern mal erleben.

Auch hierzu gibt es nachfolgend eine kleine Fotogalerie:(Achtung! Wenn man zur Website zurück will, muss man erst "zurück zum Album" anklicken. Der Button "Diashow vorführen" ist inaktiv):

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Mustafa Eren

Mustafa Eren ist ein Tausendsassa. Wer mehr über ihn wissen will, braucht nur seinen Namen in die Suchmaschine einzugeben. Er ist ein exzellenter Kletterer. Er war schon Europameister im Speed-Klettern. Warum erwähne ich ihn? Weil er in das Haus Marisa eingeheiratet und seitdem viel fürs Klettern, Bergsteigen und Wandern auf Fogo getan hat. Kletterrouten, den Klettersteig am oberen Rand der Caldera (die Bordeira) und Leitern hinab in zwei Lavahöhlen haben bzw. hatten wir ihm zu verdanken. Die Höhle am Fuß des Pequeno Fogo, eine der beiden Höhlen, existiert nicht mehr, denn der Vulkan brach im November/Dezember 2014 in unmittelbarer Nähe des Pequeno Fogo aus. Mustafa ist (hoffentlich nicht war) auch Ausbilder für die einheimischen Guides und der Kopf des Teams. Wenn ich einen Führer benötigte, brauchte ich ihm nur einen Tag vorher Bescheid zu geben.

Er ist (oder war?) auch als Ingenieur auf der Insel tätig. Am Bau des wunderschön dem Gelände angepassten Gebäudes des Naturparks war er beteiligt. Finanziert wurde es von unserer Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Kostenpunkt: 1,7 Mio Euro. Mustafa plädierte vergeblich für eine preisgünstigere Version. Eingeweiht wurde es im März 2014 während unseres Aufenthaltes. Nach der offiziellen Einweihung konnten wir es auch besichtigen. Ganz schön überdimensioniert, stellte ich fest. Nun ist es nach nur eine paar Monaten Lebensdauer vom Erdboden verschwunden. Besser gesagt, die Lavamassen des Vulkanausbruchs vom November/Dezember 2014 haben es völlig verschluckt.

Was aus Mustafas Famile und all den Einwohnern geworden ist, wird man erst nach und nach erfahren. Was hatte Mustafa schon alles geleistet. Das Haus Marisa und eine Dependence hatten dank der von ihm installierten Solaranlagen, m.W. als einzige im Ort, warmes Wasser in den Gästezimmern. Er hatte bereits Pläne geschmiedet, auf einer der Caldera-Wand vorgelagerten Anhöhe ein Wasserreservoir zu bauen, denn die bestehenden Zisternen waren wenige Monate nach der Regenzeit erschöpft. Trinkwasser per Tankfahrzeug war eine teure Sache.

Ich kann nur hoffen, dass Marisa und Mustafa und alle anderen Mut und Elan zu einem Neuanfang haben, dass das Wandern und Klettern in der Caldera und auf der Bordeira bald wieder ins Leben gerufen werden kann, denn der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für die Menschen dort.

Spaziergang in der Caldera

An diesem Tag haben meine Frau und ich einen Spaziergang in der Caldera unternommen. Zuerst sind wir zu dem ganz in der Nähe unserer Pension gelegenen kleinen Vulkankegel Monte Preto gewandert. Natürlich haben wir auch an diesem Tag wieder die vielfältigen Lavaformen und die zahlreichen kleineren Krater bewundert. 



Wanderung mit Abstieg in eine weitere Lavahöhle

Wie bei jeder Wanderung mit Führer hatte ich auch dieses Mal einfach am Tag vorher Mustafa Bescheid gesagt, und der Führer stand pünktlich bereit. An diesem Tag ging's im nördlichen Teil der Caldera zu einer Höhle, auch deren Einstieg man ohne Führung wohl kaum findet. Zunächst mussten wir durch ein riesiges Schlackenfeld gehen. Die Schlackeklumpen sind so rauh und scharfkantig, dass es sich dringend empfiehlt, auf dem Weg zu bleiben. Aber selbst auf dem Weg muss man über unzählige Brocken drübersteigen.

Eingang zur Höhle Ursel klettert gesichert auf der Leiter, genauestens beobachtet von unserem Guide

Die Höhle zeigt sich als ein unscheinbares Loch im Boden. Ein Beweis dafür, dass man in der Caldera bei Dunkelheit auf keinen Fall herumstiefeln sollte. Auch hier führt eine Mustafa'sche Leiter hinunter. Diese Art der Sicherungstechnik hat Mustafa erfunden und patentieren lassen. Auf dem Foto sieht man schön, dass es kein Führungsseil gibt und dass die Leiter am unteren Ende einfach herunterhängt. Das spart Material und Geld. Allerdings wackelt die frei hängende Leiter, was jedoch kein Problem darstellt. Man muss sich einfach nur festhalten. Umständlich ist natürlich das ständige Umklinken der Karabiner. Da die Eisen alle rund sind, ist das Einklinken jedoch einfach und sicher. Ich ließ es mir nicht nehmen, ohne Sicherung abzusteigen. 

Letzter Wandertag

Fast jeden Tag sind wir gewandert. An einem Tag allerdings krochen wir nicht aus dem Haus. Es fegte ein Sturm durch die Caldera, der derart viel Sand und Staub durch die Luft wirbelte, dass wir es vorzogen, einen Ruhetag einzulegen, an dem wir Marisas Fleischtöpfe besonders schätzten.

Busch vor einem Feld mit Brockenlava Blüten der Australischen Silbereiche

Am letzten Wandertag machten wir uns in Richtung Westen auf. Wir beobachteten die Einheimischen bei der Arbeit. Eine Gruppe steckte Kartoffeln in den trockenen Boden. Dass hier ohne Bewässerung überhaupt etwas wachsen kann, ist wie ein kleines Wunder. Aber an der aufgegrabenen Erde sah man, dass Feuchtigkeit vorhanden ist. Einem Mann schauten wir beim Rebschnitt zu. Er benutzte eine gute amerikanische Schere, die er uns voller Stolz zeigte. Wir bewunderten die intensive Farbe der Blüten der Australischen Silbereiche. Nach einer gemütlichen Mittagsrast schlenderten wir wieder nach Hause.

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