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Höhenkrankheiten

(ohne Gewähr)

Stand Juli 2016: Ergänzungen und eine Berichtigung aufgrund eines Artikels im DAV-Panorama-Heft 4_2016 in roter Schrift.

Höhenkrankheit gibt es nur aufgrund mangelhafter Akklimatisation. Daher möchte ich darüber informieren, wie man sich am Berg richtig akklimatisiert, aber auch Tips geben, was zu tun ist, wenn die Höhen­krankheit trotz aller Vorsicht ausgebrochen ist, und schließlich möchte ich zu Hause durchführbare vorbeugende Maßnahmen aufzeigen.

Im folgenden wird unter „Höhe“ immer die „Schlafhöhe“ verstanden. Tagsüber wird kein Mensch höhenkrank. Daher kann man am Tag so hoch steigen wie man will oder kann. Einzige Richtschnur bezüglich der Erkrankungsgefahr ist die Schlafhöhe.

Die Schwelle liegt bei ca. 3.000 m Höhe. Armington spricht im Wanderhandbuch Nepal (Walther-Verlag) sogar von nur 1.800 m. Aber diese Höhe betrifft nur ganz Empfindliche, und die Krankheit zeigt nur schwache Symptome.

Man darf ab 3.000 m Höhe pro Tag nur 300 bis max. 350 Höhenmeter (hm) steigen. Der Rother-Trekkingführer Nepal spricht von 3.500 m bzw. 450 hm. Dr. Schaffert, Expeditionsarzt beim DAV Summit Club, hält diese Angaben für gefährlich. Also besser auf Nummer sicher gehen! Nach drei bis vier Tagen muß ein Ruhetag folgen. Vom Lager aus nochmals 200 bis 300 hm höher zu steigen (und natürlich wieder zurückzukehren) ist sogar sinnvoll, da man sich dadurch um so besser akklimatisiert.

Man kann auch an einem Tag ca. 500 hm gehen, muß dann aber auf dieser Höhe zwei Nächte bleiben. Man kann auch 1.000 hm an einem Tag gehen, muß dann aber eine Woche auf dieser Höhe bleiben. Dies gilt z.B. auch bei Anflug per Helikopter.

Motto: Nie zu schnell zu hoch!

Thomas Lämmle, Sportwissenschaftler an der Universität Innsbruck, macht folgende Einteilung, wobei er einräumt, daß die medizinische Empfehlung von 300 - 400 hm ausgeht:

Einsteiger 400 - 600 hm
Fortgeschr. 600 - 800 hm (2 Nächte)
Erfahrene 800 - 1.000 hm (2 Nächte)

Diese Einteilung halte ich für sehr gefährlich (siehe die Aussage von Dr. Schaffert). Sie ist eigentlich auch nur als äußerste Grenze gedacht, da in der Realität leider so gut wie nie der medizinischen Empfehlung gefolgt wird. Der Urlaub ist kurz, die Zeit ist also knapp, aber der Berg muß bestiegen werden. Todesfälle sind dabei vorprogrammiert.

Ganz wichtig ist, daß der Ruhepuls normal ist. Ist er erhöht, dann hat man schon sein „Notaggregat“ angezapft. Dies erfordert einen Ruhetag. Man muß sich immer so verhalten, als wenn keine Rettung möglich ist. Wer weiß, ob sie im Ernstfall wirklich funktioniert?

Thomas Lämmle geht von einem bis zu 10 Schlägen/Min. erhöhten Ruhepuls als noch normal aus, d.h. daß man akklimatisiert ist. Bei 20 Schlägen Erhöhung ist es aber bereits kritisch. Zur Feststellung des Normal-Ruhepulses soll man drei Tage lang direkt vor der Abreise morgens noch im Bett -ohne „schmutzige“ Gedanken- den Puls messen.

Das A und O ist Trinken. Bis zu sechs Liter pro Tag, mindestens drei Liter, denn dem Körper wird durch die Anstrengung und das häufigere Atmen trockener Luft viel Flüssigkeit entzogen. Daher nur durch die Nase atmen! Urin kontrollieren! Er muß hell sein! Viel Wasser lassen ist ein Zeichen für genügend Flüssigkeit. In Extremfällen: Urinmenge messen. Weniger als 1 L/24 h ist kritisch.

Eine Möglichkeit zur besseren Blutzirkulation ist die Einnahme von Aspirin-Tabletten (Aspirin Ratio Pharm AS 500). Gut ist auch Aspirin C, denn es droht ja auch Vitaminmangel. Dr. Schaffert zieht Ibuprofen (600 mg/Tag) vor. Dieses Mittel ist gut gegen Höhenkopfschmerzen. Es verhindert aber nicht die Höhenkrankheit. Ansonsten auf gar keinen Fall Medikamente vorbeugend nehmen, auch keine Schlafmittel, denn sie bergen eine große Gefahr in sich: Sie kaschieren die Symptome der Höhenkrankheit, da sie ja vorübergehende Besserung bringen. Denn: Höhenkrankheiten müssen frühzeitig erkannt werden, und man kann sie nicht medikamentös heilen! Medikamente haben nur eine begleitende Funktion zur Heilung. Aber auch schon Ibuprofen birgt dieses Risiko, da ja auch Kopfschmerzen schon die ersten Anzeichen für die Krankheit sein können.

Thomas Lämmle rät, Aspirin abends, also nach dem Aufstieg, zu nehmen, da sich Aspirin auf die Sauerstoff-Aufnahmefähigkeit negativ auswirkt. Bereits morgens kann man Acetazolamit (einer der gängigsten Handelsnamen: Diamox) nehmen, da es die Sauerstoffsättigung hebt, aber nur bei einmaligem Aufstieg oder, bei mehrtägigem Aufstieg, nur am letzten Tag, also am Tag der Gipfelbesteigung oder Paßüberquerung. So gesehen kann Diamox als Schlafmittel am Abend vor dem letzten Tag des Aufstiegs genommen, sicher nicht schädlich sein.

Höhentrekking wird immer beliebter. Aber der Urlaub ist bekanntlich kurz und der Zeitdruck hoch. Am Kilimandjaro z.B. kann man schon aus der Ausschreibung der Reiseveranstalter entnehmen, dass die meisten Gruppen viel zu schnell aufsteigen. Da wird mit Acetazolamit vorgebeugt, nicht nur am letzten Tag. Der DAV berichtet in seinem Panorama-Heft 4/2016, dass viele Höhenmediziner dies mittlerweile billigen, weil die Höhenanpassung dank der besseren Sauerstoffsättigung verbessert wird. Schwere Nebenwirkungen seien selten.  Weiters wird berichtet, dass australische Sportmediziner dies bestätigten, aber in ihrer aktuellen Untersuchung feststellten, dass am Kilimandjaro selbt bei der eher akklimatisierungsfreundlichen sechstägigen Route noch 53% trotz Einnahme des Medikamentes höhenkrank wurden.

Eine Warnung: Aspirin kann Magenbluten und -geschwüre hervorrufen oder begünstigen. Daher möglichst sparsam damit umgehen.

Übrigens kann man sich nur bis zu einer Höhe von 5.500 m akklimatisieren, darüber nicht mehr. Darüber gibt es kein Regenerieren mehr. Deshalb gibt es fast kein Basislager über 5.500 m Höhe.

Es gibt drei Arten von Höhenkrankheiten:
die frühe Bergkrankheit
das Lungenödem
das Hirnödem

Die frühe Bergkrankheit hat folgende Merkmale:

Kopfschmerzen
Übelkeit
Appetitlosigkeit
Schlaflosigkeit
Körperschwellungen (besonders im Gesicht und an den Händen)
Übersteigerung oder Veränderung der Charakterzüge des Menschen (Höhenkoller)

Was ist zu tun? Nicht höhersteigen, bis völlige Erholung eingetreten ist! Oberkörper erhöht lagern. Dies gilt übrigens bei allen Arten der Höhenkrankheit. - Die auch von mir bisher vertretene Meinung, man könne das auch vorbeugend tun, den Oberkörper von Beginn des Aufstiegs an höher lagern, widerlegte der Reisemediziner Thomas Küpper bei der sogenannten ADEMED-Expedition nach Nepal, berichtet der DAV in seinem o.g. Heft. Es beuge Höhenkrankheit nicht vor. Mann könne es sich daher ersparen, das Schlafen in der Höhe auf diese Art noch schwerer zu machen. - Kopfschmerzen allein müssen noch kein Symptom für die Höhenkrankheit sein, es kann sich auch einfach um einen Höhenkopfschmerz handeln. Aber trotzdem gilt: Nicht höhersteigen. Und, was ganz wichtig ist, sie müssen am nächsten Tag spätestens nach dem Aufstehen verschwunden sein.

Das Lungenödem hat folgende Merkmale:
Schwäche
Müdigkeit
erhöhter Ruhepuls
verstärkte Atemtätigkeit
Husten, erst trocken, dann mit wässrigem und blutigem Auswurf
Rasseln bzw. Brodeln in der Lunge beim letzten Ausatmen
Druckgefühl auf der Brust
Fingernägel und Lippen werden dunkler als normal
Wasser auch in den Beinen

Was ist zu tun? Nifedipin, Firmenname „Adalat SL“, (40 - 60 mg/Tag) einnehmen. Kompromißloser, sofortiger Abstieg auf die Höhe, auf der man sich zuletzt wohlgefühlt hat, jedoch mindestens 500 hm! Das Medikament dient nur dazu, den Patienten zum Absteigen in die Lage zu versetzen. Die einzige Verzögerung, die man sich erlauben kann, ist, bis zum Morgen abzuwarten, aber nur falls das Medikament eine vorübergehende Besserung gebracht hat.

Bei völliger Genesung kann wieder aufgestiegen werden. Diese dauert meist nur ein bis zwei Tage. Manche waren schon bei Erreichen der niederen Höhe sofort wieder gesund.

Das Hirnödem hat folgende Merkmale:
extreme Müdigkeit
Brechreiz
starke Kopfschmerzen
Gleichgewichtsstörungen (Einbeinstand nicht mehr möglich)
Wasser auch in den Beinen
ungleichmäßige Schritte
undeutliche Aussprache
abnormales Benehmen
Halluzinationen
Schwindelgefühl
Bewußtlosigkeit

Was ist zu tun? Das hochwirksame Dexamethason (forte cortin - 12 - 16 mg/Tag) einnehmen! Bedingungsloser sofortiger Abstieg, also auch im Dunkeln, auf eine Höhe von mindestens(!) 3.500 m!! Es ist also gut, wenn man Stirnlampen dabei hat.

Motto: Do or die, also „tu was oder stirb“! Auf gar keinen Fall auf einen Hubschrauber warten. Es gilt einzig und allein, sofort zu handeln!

Im o.g. DAV-Heft wird weiterhin berichtet, dass immer mehr Bergsteiger, nicht zuletzt wegen laxerer Empfehlunge aus den USA, Dexamethason prophylaktisch einnehmen. Das ist hochgefährlich. Da würde laut DAV versucht, den Teufel (Höhenkrankheit Ödem) mit Beelzebub (Nebenwirkungen bis zur Lebensgefahr) auszutreiben.

Während das Lungenödem wieder völlig ausheilt, bleiben beim Hirnödem immer Dauerschäden zurück, wenn es nicht gar zum Tode führt. Dr. Schaffert erwähnte eine „Mausefalle“ im Hochgebirge, in der jährlich Menschen an der Höhenkrankheit sterben, weil sie zum Abstieg erst einmal aufsteigen müssen. Unerfahrene sollten daher auf gar keinen Fall Berge besteigen, bei denen man zwischendurch in einen tieferliegenden Kessel absteigen und dort übernachten muß.

Die Symptome treten nicht alle gleichzeitig auf. Daher ist bereits bei einem einzigen sofortiger Handlungsbedarf. Da man sich beim Trekking selten ärztlich untersuchen lassen kann, muß man beim Auftreten eines Symptoms immer davon ausgehen, daß es die Höhenkrankheit ist. Niemals einer anderen Krankheit zuschreiben! Das kann tödlich sein! Wichtig ist die rechtzeitige Erkennung der Erkrankung.

Zur Vermeidung der Ödeme gilt: Keine Schlafmittel (einzige Ausnahme s.o.) und keine Antibiotika einnehmen! Wenn man erkrankungsbedingt solche Medikamente dennoch nehmen muß, darf man auf keinen Fall höher steigen.

Nach einer Woche auf der gleichen Höhe wird allerdings niemand mehr höhenkrank. Wenn also dann Symptome, die auch der Höhenkrankheit zuzuordnen sind, auftreten, rühren sie von einer anderen Krankheit her.

Die aufblasbare Druckkammer ist kein Allheilmittel. Bei schwachen Symptomen benötigt man sie gar nicht, bei starken besteht die große Gefahr, daß sich der Zustand bei Verlassen der Kammer wieder verschlechtert. Die erforderliche zweite Behandlung kann wirkungslos sein, und der Patient ist immer noch auf der gleichen Höhe! Bei ganz starken Symptomen (drohende Bewußtlosigkeit!), also dann, wenn die Hilfe am dringendsten ist, kann man die Kammer überhaupt nicht verwenden wegen der Erstickungsgefahr (z.B. an Erbrochenem). Am besten ist also absteigen!

Bei Hubschrauberrettung sollte man sich möglichst eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit der Rettung geben lassen, denn sonst zahlt keine Versicherung.

Was kann man zu Hause vorbeugend gegen die Höhenkrankheit tun?

Selbst die beste Kondition ist keine Garantie, nicht höhenkrank zu werden. Aber: Je mehr Kondition man hat, desto besser ist die Sauerstoff-Aufnahmefähigkeit des Körpers, desto schneller akklimatisiert man sich, ergo desto geringer ist die körperliche Anstrengung und die Gefahr, höhenkrank zu werden. Ein ausgelaugter Körper ist sehr anfällig für Krankheiten. Daher ist Ausdauersport, vier bis sechs Monate vor der Bergtour begonnen, u.a. eine Vorbeugungsmaßnahme gegen Höhenkrankheiten. Laufen mit geschlossenem Mund trainiert die Atemmuskulatur und zählt daher ebenfalls zu den Vorbeugungsmaßnahmen. Dagegen soll sich extremes Ausdauertraining (Marathonläufe) sogar negativ auswirken.

Ab 5% Flüssigkeitsverlust spürt man bereits Leistungseinbußen. Das erhöht in den Bergen nicht nur das Sicherheitsrisiko, sondern trägt auch zur schnelleren Ermüdung und somit zur erhöhten Anfälligkeit für Höhenkrankheiten bei. Da man unterwegs den optimalen Flüssigkeitspegel im Körper nicht ständig halten kann, ist es wichtig, das Gehen oder Bergsteigen bei Flüssigkeitsmangel zu Hause, wo es ungefährlich ist, zu trainiern. Also morgens ohne Essen und Trinken das Training durchführen, aber natürlich ohne zu übertreiben. Danach kann man nach Herzenslust zuschlagen.

Nicht bewiesen ist, daß die Anzahl der Höhenaufenthalte ab 3.000 m Schlafhöhe sich entsprechend positiv auswirkt. Eine Vor-Akklimatisierung soll jedoch wirksam sein. Dabei muß man solange in akklimatisiertem Zustand auf mindestens 3.000 m Schlafhöhe verweilen, wie Zeit zwischen dem Abstieg von dieser Höhe bis zum Wiederaufstieg vergeht. Wenn ich mich also für eine Himalaya-Bergbesteigung vorakklimatisieren will und dazu vorher in die Alpen fahre, und dazwischen 10 Tage liegen, muß ich in den Alpen auch 10 Tage auf der oben angegeben Höhe bleiben. - Aber, wer macht das schon?

Ganz wichtige Faktoren der Vorbeugung sind: Nicht rauchen und höchstens mäßig Alkohol trinken, sowie das Körpergewicht auf ein optimales Maß reduzieren, denn jedes Kilo zuviel bringt zusätzlichen Kraftverschleiß.

Durch nichts zu ersetzen ist Erfahrung. Die Gipfelhöhen langsam zu steigern, ist eine gute Maßnahme, um sich auch durch Erfahrung vor der Höhenkrankheit zu schützen.



Quellen:

Vorträge beim Trekker-Treffen des DAV Summit Clubs in Berchtesgaden: am 18.01.96 von Dr. Wolfgang Schaffert, Expeditionsarzt, und am 21.01.99 vom Sportwissenschaftler Thomas Lämmle von der Universität Innsbruck

Bernhard Rudolf Banzhaf, Nepal Trekkingführer, Bergverlag Rudolf Rother, München, 1991

Stan Armington, Wanderhandbuch Nepal, Verlag Gisela E. Walther, Bremen, 1993


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